Geschichte der Orgel in St. Ludger Lüdinghausen
zusammengestellt von Thomas Kleinhenz
Inhalt:
- Erste Interims-Orgel (1960)
- Neubau der Speith-Orgel von 1970
- Abbau der Orgel 2017
- Die Organisten in St. Ludger
Erste Interims-Orgel (1960)
Mit dem Neubau der Kirche St. Ludger im Jahr 1958 und der Erhebung zur Pfarrei 1960 wurde Pfarrer Wilhelm Jansen als erstem Pastor der neuen Gemeinde die Aufgabe zuteil, neben der seelsorglichen Führung auch den Neubau u.a. von Pfarrheim, Pastorat, Kindergarten und vor allem die Ausgestaltung der neuen Kirche voranzutreiben.
Bereits im Frühjahr 1960 konnte die junge Pfarrgemeinde durch die Orgelbaufirma Matthias Kreienbrink aus Osnabrück (vormals Orgelbau Ludwig Rohlfing, später Außenstelle in Münster) eine neue ausbaufähige Schleifladenorgel des verstorbenen Orgelbauers Gustav Brönstrup (1910-1959) aus Hude (Oldenburg) günstig erwerben.
Die Orgel stand im nördlichen Seitenraum der Kirche in unmittelbarer Nähe zum Altar. Das Instrument war als Teilorgel erstellt worden und hatte 8 Register:
Manual (C-f3) | Pedal (C-f1) |
Holzgedackt 8' Rohrflöte 4' Prinzipal 2' Spitzquinte 1 1/3' Scharf 3f | Subbass 16' Gedacktbass 8' Quintadena 4' |
Mit dem Verkauf der Teilorgel hat die Firma Kreienbrink auch den Ausbau mit weiteren 6 Registern für das zweite Manual mit folgender Disposition angeboten:
I. Manual (C-f3) Positiv (vorhanden) | II. Manual (C-f3) Hauptwerk (neu) | Pedal (C-f1) (vorhanden) |
1. Holzgedackt 8' 2. Rohrflöte 4' 3. Prinzipal 2' 4. Spitzquinte 1 1/3' 5. Scharf 3f | 6. Metallgedackt 8' 7. Dulzflöte 8' (ab c) 8. Prinzipal 4' 9. Gemshorn 2' 10. Mixtur 4f 11. Holzdulcian 16' | 12. Subbass 16' 13. Gedacktbass 8' 14. Quintadena 4' |
Allerdings hat das Bischöfliche Generalvikariat Münster den Ausbau der Teilorgel abgelehnt, weil sich die noch junge Pfarrgemeinde nicht zu früh mit der Bestellung einer größeren Orgel festlegen sollte.
Neubau der Speith-Orgel
In den Jahren 1967 und 1968 konnten drei Angebote von Orgelbauern zum Bau einer neuen Orgel eingeholt werden. Schließlich wurde 1969 die Orgelbaufirma Rudolf Speith aus Rietberg beauftragt, eine neue Orgel mit 21 Registern, verteilt auf 2 Manualen und Pedal zu bauen.
Die bisherige Interimsorgel wurde in Zahlung gegeben. Die Dispostion der neuen Orgel lautet:
I. Hauptwerk C-g3 Prinzipal 8‘ Gemshorn 8‘ Oktave 4‘ Rohrflöte 4‘ Nasard 2 2/3’ Waldflöte 2‘ Terz 1 3/5’ Mixtur 4-5fach 2‘ Trompete 8‘ Tremulant | II. Brustwerk C-g3 Holzgedackt 8‘ Blockflöte 4‘ Kleinprinzipal 2‘ Quinte 1 1/3‘ Scharf 3-4fach 1‘ Holzdulcian 16’ Schalmey 8‘ Tremulant | Pedal C-f1 Subbass 16‘ Prinzipalbass 8‘ Oktave 4‘ Hintersatz 4fach 2 2/3‘ Posaune 16‘ |
Heinrich Stockhorst
Domorganist
44 Münster, den 10.10.1970
Marientalstraße 28
Abnahmegutachten über die von der Firma Rudolf Speith, Rietberg, erbaute neue Orgel in der St. Ludger-Kirche zu Lüdinghausen i.W.
Am 23. September 1970 unterzog ich die von der Firma Rudolf Speith, Rietberg, erstellte neue Orgel in der St. Ludger-Kirche zu Lüdinghausen der behördlich vorgeschriebenen Abnahmeprüfung. Bei der Abnahme waren zugegen der H.H. Pfarrer Wilhelm Jansen und Herr Orgelbaumeister Rudolf Speith, ferner Herr Intonateur Günther Müller und Herr Organist Konrad Teschner.
Die Orgel ist nach dem Schleifladensystem mit mechanischer Spiel- und elektrischer Registertraktur erbaut und hat auf 2 Manualen und dem Pedal 21 Register. Das Instrument steht zu ebener Erde im südlichen Seitenraum der Kirche in unmittelbarer Nähe des Altares. Der Organist kann von seinem Platz aus die Funktionen am Altar gut beobachten. Die Stellung der einzelnen Werke zeigt jene Geschlossenheit, die aus dem Schaubild der Orgel erkenntlich ist.
Überzeugend ist auch bei der verhältnismäßig geringen Registerzahl die abgerundete Disposition. So beginnt der Prinzipalchor im Hauptwerk auf 8'-Basis. Wird damit die Grundstimmigkeit betont, so ist das Brustwerk durch die Helligkeit und Farbigkeit charakterisiert. Das Pedal ist sowohl als Fundament für die Plenofähigkeit der Orgel als auch solistisch (Oktave 4') zu verwenden. Die 4 Zungenstimmen - Trompete 8', Holzdulcian 16', Schalmey 8' und Posaune 16' - verleihen der Orgel die notwendige Kraft und Abrundung, ohne daß der durchsichtige Klang des Gesamtwerkes beeinträchtigt würde. Hervorheben möchte ich besonders die Funktionssicherheit der Spiel- und Registertraktur.
Die Intonation ist meisterhaft durch Herrn Günther Müller ausgeführt. Eine überraschende Egalisation innerhalb der einzelnen Pfeifenreihen wurde erzielt. Die durch die Disposition geforderte Ausgewogenheit zwischen Eng- und Weitchorregistern wurde im idealen Sinne verwirklicht. Auch wurde die Gegensätzlichkeit zwischen allen Werken erreicht.
Das Material des Spieltisches, des Pfeifenwerkes und der inneren Anlage ist erstklassig. Die Windmaschine gibt ausreichend Wind, so daß die Orgel frei von Windstößigkeit ist.
Die Überprüfung des Instrumentes ergab die genaue Übereinstimmung mit den Angaben im Kostenanschlag. Auf Grund der erwähnten Qualitätsarbeit der Firma Speith erkläre ich die neue Orgel der St. Ludger-Kirche zu Lüdinghausen ohne jeden Vorbehalt als abgenommen.
Heinrich Stockhorst
Vereidigter Orgelgutachter
der Bischöflichen Behörde Münster i.W.
Zum Schutz des noch offenen Brustwerks vor Staub und Zugriff (siehe Skizze) wurde die Orgel kurz vor der Fertigstellung mit einer verschließbaren Doppeltür versehen. Die Orgelweihe fand am 16. August 1970 statt.
Im Laufe der Jahre wurden einige geringfügige Veränderungen an der Orgel vorgenommen: Die Schranktüren vor dem Brustwerk wurden 1985 durch einen Jalousieschweller ersetzt. Im Jahr 1988 wurden im Rahmen einer Generalreinigung neue Registerzugmagnete eingebaut und die Intonation der Orgel abgemildert. Zwei Jahre später (1990) wurde das Brustwerk durch ein Register (Salicional 8′) erweitert.
Eine weitere Generalreinigung der Orgel erfolgte im Jahr 2008 durch die Orgelbaufirma Speith, Rietberg.
Abbau der Orgel
Aufgrund der Profanierung und des Verkaufs der St.-Ludger-Kirche im Juni 2017 wurde die Orgel abgebaut (siehe auch Fotogalerie) und an die evangelische Kirchengemeinde Erftstadt-Lechenich verkauft. Seit Oktober 2020 erklingt sie wieder als Teil einer größeren Orgel in der dortigen Kirche.
Die Organisten in St. Ludger
- 1960-1969: Georg Janke
- 1969-1981: Konrad Teschner
- 1981-2007: Gabriel Polarczyk
- 2007-2010: Felizitas Gerwin
- 2007-2017: Cornelius Bracht